Demokrat*innen fallen nicht vom Himmel

Ein Kommentar von Sarah Pich und Marco Dawid, Vorsitzende des Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe

Über die Organisation

Der Stadtjugendausschuss e.V. Karlsruhe (stja) ist der Dachverband der Karlsruher Jugendverbände und Träger der Offenen Kinder- und Jugendarbeit.

Die Führungsspitze bildet ein ehrenamtlicher Vorstand, der durch eine Geschäftsführung und über 250 hauptamtliche Fachkräfte unterstützt wird. Das Karlsruher Modell, das in seiner Organisationsform in Deutschland einmalig ist, verbindet die Offene Kinder- und Jugendarbeit (Einrichtungen) mit der Arbeit der zumeist ehrenamtlich geführten Mitgliedsverbände (Jugendverbände).

Das Spektrum der professionellen Jugendarbeit in über 30 Einrichtungen reicht von den offenen und mobilen Angeboten in der Kinder- und Jugendarbeit über Kinder- und Jugendkultur bis hin zu stadtweiten Beteiligungsangeboten, dem Präventionsnetzwerk, Inklusion mit Teilhabe für alle, Berufsorientierung oder Armutsbekämpfung. Der stja ist ein großer Ferienanbieter und setzt in diesem Bereich das Zusammenwirken von haupt-  und ehrenamtlichem Engagement sehr gut um, sodass viele verschiedene Zielgruppen angesprochen werden können. Als Träger von Schülerhorten und Teams in Ganztagesgrundschulen eröffnet das Engagement des stja zukunftsweisende Perspektiven für die Arbeit in lokalen Bildungsnetzen.

Zudem repräsentieren 38 Mitgliedsverbände über 53.000 jugendliche Mitglieder unter 27 Jahren. Von Angeboten in den Sportvereinen über gesellschaftlich engagierte Gruppen wie die Gewerkschaftsjugend bis hin zum Naturschutz bei der BUND Jugend und den traditionellen Angeboten der Pfadfinder und Kirchen reicht hier das Engagement der vielen tausend Mitglieder.

Im Mittelpunkt stehen bei allen Angeboten die Interessen der Kinder und Jugendlichen, die selbstständig und eigensinnig ihren Weg durch Kindheit und Jugend gehen. Dabei werden sie vom stja professionell begleitet und individuell unterstützt.

Aktuelle Jugendstudien zeichnen ein durchaus unterschiedliches und manchmal auch besorgniserregendes Bild der Einstellungen junger Menschen zur Demokratie. Die neueste Jugendwahlstudie des Augsburger Instituts der Generationenforschung beschreibt die Jugend in großen Teilen als orientierungslos, ängstlich und sorgenvoll und dadurch anfällig für Manipulationen. Sie vermutet, dass der Rechtsruck bei jüngeren Menschen nicht nur vorübergehend sei.

Demgegenüber zeigt die 19. Shell-Jugendstudie von 2024, dass 75 Prozent der Jugendlichen mit der Demokratie eher oder sogar sehr zufrieden sind. Gleichzeitig ist das Vertrauen in staatliche Institutionen wie das Bundesverfassungsgericht oder die Polizei hoch, während Parteien weniger Vertrauen genießen. Allerdings ist auch ein Anstieg der Zustimmung zu autokratisch-autoritären Positionen zu verzeichnen. Auch die SINUS-Jugendstudie 2024 stellt fest, dass viele junge Menschen der Politik weniger Lösungskompetenz zutrauen und sich politisch machtlos fühlen. Aus der SINUS-Studie geht jedoch auch hervor, dass Toleranz, Weltoffenheit und Diversität über alle Lebenswelten hinweg als wichtig erachtet werden.

Jugend wählt demokratisch – Jugendverbände sind Werkstätten der Demokratie

Zusammenfassend zeigen die Studien, dass junge Menschen in Deutschland der Demokratie grundsätzlich positiv gegenüberstehen, jedoch auch kritische Perspektiven und Sorgen haben. Es ist wichtig, diese Anliegen ernst zu nehmen und die politische Bildung sowie Partizipationsmöglichkeiten für Jugendliche zu stärken.

Dabei spielen Jugendverbände eine wichtige Rolle. Sie fungieren als demokratischer Erfahrungsraum, denn Demokrat*innen fallen nicht vom Himmel.

Jugendverbände sind wichtige Träger politischer Bildung und zivilgesellschaftlichen Engagements; sie fördern die gesellschaftliche Teilhabe von jungen Menschen und sind somit Werkstätten der Demokratie; mit ihren Bildungsangeboten, ihrer politischen Arbeit und als Orte gelebter Demokratie leisten sie einen wichtigen Beitrag zu einer Gesellschaft ohne Ausgrenzung, Diskriminierung und Rassismus.
Jugendliche haben die Möglichkeit, demokratische Prinzipien praktisch zu erleben, indem sie einen Vorstand wählen, an Entscheidungsprozessen teilnehmen, sich an Diskussionen beteiligen; Projekte planen und durchführen oder auch die Leitung einer Gruppe übernehmen; so kann das Vertrauen von Jugendlichen in die Demokratie gestärkt werden und sie werden motiviert, sich aktiv an der Gestaltung der Gesellschaft zu beteiligen. Daneben bieten Jugendverbände Räume für Diskussionen über politische Themen wie Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit, Klimawandel, sozial-ökologische Transformation, Bildung, Partizipation usw.

Jugendverbände haben ein ureigenes Interesse daran, unsere Demokratie zu fördern und zu schützen, denn echte Jugendverbände existieren nur in einer freiheitlichen Demokratie.

Der Stadtjugendausschuss e.V. und seine Mitgliedsverbände werden sich deshalb auch weiterhin für ein demokratisches Miteinander, eine Gesellschaft ohne Rassismus und gegen Hass und Hetze einsetzen.

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